Mexiko 

18. März 2016:

Wir sind in dem netten Fischerdörfchen San Blas - das liegt zwischen Mazatlan und Puerto Vallarta. Die Hafeneinfahrt ist sehr seicht und der Pazifikschwell macht das Passieren derselben somit zu einer äußerst heiklen Angelegenheit. Vor allem Hannes ist ziemlich gestresst, denn ich beginne aufgeregt zu gackern wie ein Hendl. Das mach ich übrigens immer, wenn ich „die Hosen voll habe“ und das mag er gar nicht, mein Kapitän! (Das Gackern!!!)

Kurzerhand setzt er mich ans Funkgerät - ich soll doch mit dem Hafenkapitän „plaudern“ und die Lage auskundschaften. Der spricht natürlich weder Englisch noch Deutsch und "yo no hablo muy bien español". Inzwischen geht die Sonne unter und mein Blutdruck rauf! Es sind dann wieder einmal die netten Fischer, die das Ruder übernehmen, uns durch die Passage lotsen und sogar noch zeigen, wo wir unseren Anker fallen lassen sollen.  Mangrovenwälder und ihre kleinsten Bewohner - tausende winzige und blutrünstige Jejenes ( Stechmücken) beißen uns am Ankerplatz willkommen.

Das Dorf selbst ist klein und von Touristen fast unberührt. Nur wenige Blocks von der Marina entfernt liegt das Zentrum. Ein Platz mit 2 Kirchen (eine alte - eine neue), das Gemeindeamt, 1 Heldenstatue und natürlich Obst-Gemüsehändler und Souvenirläden. Täglich sind auch wir jetzt dort vertreten, um Vorräte für die Überfahrt an Bord zu schleppen. Vorher wird aber das Cafe besucht, um Espresso und Tarta de Queso zu schlemmen  und danach pendeln wir eine Ecke weiter, um ein eiskaltes Cerveza zu genießen. Von hier aus haben wir den besten Blick über den Platz und können das fröhliche Treiben stundenlang ganz ungeniert beobachten. (Fast) keine Autos, (fast) keine Touristen, dafür Schulkinder in Einheitskleidung, rostige Fahrräder und klapprige Karren, auf denen die Nachkommen der Azteken und der Spanier irgendetwas anbieten. Eine Handvoll Erdnüsse, ein Sackerl geschnittenen Kaktus, 1 grüne Papaya vom Garten, ein selbstgebasteltes Ketterl, frisch gepresste Obstsäfte...… und alle, wirklich ausnahmslos alle hier sind freundlich und hilfsbereit und  - absolut ehrlich! 

Die Zeit scheint stehengeblieben zu sein in San Blas - es ist, als wären wir mitten drinnen in so einem uralten Schwarzweißfilm aus den 30er Jahren - nur ist hier alles bunt! Wunderbar, einfach und wunderbar!

Doch nun heißt es wirklich Abschied nehmen von Mexiko. Heute haben wir die letzen Einkäufe getätigt, das Schiff ist voll und wir sind bereit. 2800 Seemeilen liegen vor uns und wir rechnen damit, dass wir spätestens in ca. 4 Wochen auf den Marquesas eintreffen werden. Unseren Positionsreport werden wir täglich wieder aktualisieren! 

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 Der Dorfplatz von San Blas / Nayarit / Mexiko 

13. März 2016:

Der Pazifik empfängt uns mit traumhaften Bedingungen.  Stundenlang segeln wir mit bis zu 8 Knoten - ein Segeltag, wie er im Bilderbuch steht. 

Die Nacht ist sternenklar und lauwarm, der zunehmende Mond verabschiedet sich bereits vor Mitternacht wieder hinter eine Wolke. Dafür leuchtet jetzt Orion über uns und es scheint, als befinde sich das Kreuz des Südens direkt über der von uns angesteuerten Insel. Nach 94 Seemeilen fällt unser Anker um 3 Uhr morgens 14 Meter in die  Tiefe, hinter den Las Monas auf der Ostseite von Isla Isabel.  

Die Insel vulkanischen Ursprungs liegt ca. 18 Meilen entfernt von der Küste des mexikanischen Festlandes und  wird auch "Galapos von Mexiko" genannt, weil sie Heimat von tausenden Vögeln und Leguanen ist.  Dadurch, dass die Insel so isoliert im Pazifik liegt, haben die hier einheimischen Tiere fast keine natürlichen Feinde und sind überhaupt nicht scheu. Mit großen Augen sehen uns die Blaufuß- und Weißbauchtölpel an, (E: yellow foot boobie - daher nenn ich sie mal einfachhalber „Gelbfußtölpel"), die gerade ihre Babies zur Welt gebracht haben, oder noch dabei sind das Ei auszubrüten. (Ich hab immer nur ein einziges Ei oder Junges gesehen!) Wir können sogar beobachten, dass sich Männchen und Weibchen dabei abwechseln - sehr emanzipiert diese mexikanischen Tölpel! 

Seit 1981 hat die Insel den Status eines Nationalparks und 2003 wurde sie sogar zum Weltkulturerbe ernannt. Tausende Leguane sonnen sich auf den Felsen, die Äste der Bäume sind belagert von den riesigen Fregattvögel und die Pelikane und Möwen scheinen zurück auf die schroffen Felsen im Pazifik gedrängt worden zu sein.

12 armselige Hütten stehen am Strand und die braven Fischer arbeiten auch heute am Sonntag und tragen riesige Körbe voll mit Fisch und Lobster in die Boote, um sie ans Festland zu bringen.  Eine Grauwalmutter und ihr junges Kalb gönnen sich hier offensichtlich ebenfalls eine Verschnaufpause auf ihrem langen Weg nach Norden. Wir hören und sehen sie 3 Tage lang, manchmal keine 10 m von Cayenne entfernt und am 2. Nachmittag, gerade recht zur Happy Hour, entzückt uns das Kalb mit einer minutenlangen faszinierenden Vorstellung: es schlägt wie wild mit der Rückenflosse auf das Wasser, taucht dann wieder ab, nur um gleich wieder den kleinen, wenn doch schon sehr massigen Körper halb aus dem Wasser zu strecken und wieder von vorne mit der Darstellung zu beginnen. 

Ein wirklich idyllisches Plätzchen zum Verweilen - wäre nur der Ankerplatz etwas geschützter und  nicht mit so vielen Felsen durchspickt. 

Aber lassen wir die Bilder sprechen: (mehr in unserer Bildergalerie) 

 

Ein Blaufußtölpel auf Isla Isabel 

12. März 2016:

Es ist soweit: Der Motor ist wieder funktionstüchtig und das Trinkwasser wieder sauber. Die Vorräte sind aufgefüllt und wir starten in die Südsee! 

Hoppala - ganz so einfach geht das doch nicht! Denn, obwohl wir die Information hatten, dass die Marina uns hier für Französisch Polynesien ausklarieren könnte, haben wir vorgestern erfahren, dass das doch nicht möglich ist. Wir müssten nach Downtown und das selber tun und mit USD 300 Ausklarierungsgebühren rechnen. In anderen Städten wird dies aber für umgerechnet 10 Euro und wesentlich unbürokratischer gehandhabt. 

Also haben wir uns entschlossen noch ein paar Tage auf Isla Isabel und in San Blas, ca. 100 Seemeilen weiter südlich, zu verbringen. 

Vorgestern machten wir noch einen schönen Ausflug zum Hafen, dem größten kommerziellen Hafen in ganz Mexiko, wo die Kreuzfahrtschiffe anlegen und die Tuna- und Shrimpsflotte ihre Fänge anbietet. 

Wir konnten frische Shrimps bei den Marktfrauen kaufen und in einem der unzähligen Restaurants gleich Visavis wurden diese dann für jeden einzelnen von uns individuell zubereitet - für eine Gebühr von umgerechnet 2,5 Euro pro Person. Ob mit Knoblauch, mit pikanter Chipotlesauce oder einfach nur gekocht.

 

"Shrimps-Capital of the World

3. März 2016:

10 Tage später - noch immer in Mazatlan / MEX. 

Heute sollen unsere Ersatzteile mit DHL kommen, dann kann mit den Arbeiten im Motorraum begonnen werden!

In der Zwischenzeit sind wir aber nicht untätig am heißen, schönen Sandstrand von Mazatlan gelegen, sondern haben uns für die Überfahrt auf die Marquesas vorbereitet. Tagelang testeten wir diverse Kaffeesorten - Chiapas und Veracruz sollen ja angeblich den besten Kaffee Mexikos anbauen! Wir suchten vor allem nach ganzen Kaffeebohnen, die wir selber täglich frisch mahlen wollen für unseren morgendlichen French-Press. Endlich bekamen wir einen Tipp von einem Einheimischen und wurden dann auch wirklich am Markt in Downtown,  zur sehr großen Freude der Standinhaberin,  fündig. 5 Kg Kaffee und 1000 Pesos wechselten den strahlenden Besitzer. 

Ein Großeinkauf beim Walmart beschäftigte uns einen ganzen Tag und 7 Angestellte waren 1 Stunde lang damit beschäftig unseren Einkauf einzupacken, in den kleinen Zustell-PKW zu verfrachten und vor allem uns eine Rechnung auszustellen. Letzteres war nicht möglich und obwohl beim 2. oder 3. Versuch über 1000 Pesos mehr als Endsumme rauskamen, winkte man großzügig ab und begnügte sich mit der Summe, die wir beim ersten Mal via Visa berappt hatten. Dafür gabs dann aber auch keine detaillierte Aufstellung ;-)

2 Tage lang versuchten wir einen Simmering für die Rollanlage zu organisieren. Gestern wurde dann kurzerhand die Rollanlage dem Simmering angepasst - für ganze 8 Euro! 

Während der langen Busfahrten und der noch längeren Fußmärsche, die wir tagtäglich absolvieren sehen wir viel vom historischen Downtown und bekommen einen guten Eindruck vom alltäglichen Leben der hier ansässigen Mexikaner.  Die sogenannte Golden Zone, wo sich die Hotelanlagen und das Touristenzentrum befinden, besuchen wir mit unseren Klapprädern, die schon nach dem 2. Ausflug auf den holprigen Straßen gequält nach einem Service riefen. Ich bereite Chutneys für den Fisch, den wir ganz bestimmt einmal fangen werden und natürlich beteiligen wir uns auch am sozialen Marinaleben. 

Alles in Allem gefällt es uns hier ausgezeichnet. Die Menschen sind allesamt sehr freundlich und hilfsbereit und dass in einem Drittweltland die Uhren eben etwas anders ticken als in Österreich oder in den USA, das war uns von vornherein klar. Mit  einem weinenden und einem lachenden Auge sehen wir dem nahenden Abschied von Mexiko entgegen

 

Frischgepresste Säfte vorm großen Markt - 1 L für 1,50 Euro!

24. Februar 2016

Obwohl die Wettervorhersage nicht optimal scheint, überzeugt uns dann doch eine leichte Brise aus Norden, die Sea of Cortez von Ensenada de los Muertes aus zu überqueren. Wenn wir nämlich diesen leichten Wind nicht gleich ausnützen würden, dann könnten wir das geplante Treffen mit unseren amerikanischen Freunden in Puerto Vallarta ganz sicher abhaken.

Beinahe euphorisch segeln wir unter Vollzeug mit 6-7 Knoten in die mondhelle Nacht. Leider bewahrheitet sich die Wettervorhersage dann nach 12 Stunden doch noch : Wir haben absolute Flaute und müssen die Maschine starten.  

Nach einigen Stunden bemerken wir, dass der Motor sich überhitzt und wir Kühlflüssigkeit verlieren - außerdem entdecken wir so komische gelbe Spritzer, die offensichtlich über den Keilriemen des Wassermachers  im hinteren Bereich des Motorraumes verteilt werden.  Wir besprechen die Lage und unter Berücksichtigung der neuen Gegebenheiten korrigieren wir den Kurs von 120° OSO auf 90° Grad Ost.  

200 Seemeilen und 41 Stunden später erreichen wir Mazatlan, den „Platz des Hirschen“, wie die Stadt aus der Sprache der Nahuatl übersetzt wird. 

Wir sind etwas übermüdet und beim Anlaufen der Tankstelle haben wir eine Grundberührung. Zum Glück waren wir nur mit 1 Knoten unterwegs und es ist nichts weiter passiert. Im Nachhinein erfahren wir, dass dort Teile der alten, abgerissenen Brücke unter Wasser liegen, die natürlich weder in den Seekarten vermerkt, noch sonst irgendwie gekennzeichnet sind. 

Hannes ist stinksauer und mit seinen Gedanken noch bei der Grundberührung, während meine sich bereits unter der kalten Dusche befinden, die ich gleich nehmen werde - und schon ist das Malheur passiert!

 Ein Becher Grota Mar und 16 Liter Diesel befinden sich in unserem Wassertank! Jetzt sind wir aber auf einmal beide, ohne kalt zu duschen, putzmunter …..! 

Der Rest der Story in Kurzform:

Inzwischen sind 5 Tage vergangen und in und aus unserem 800 Liter - Kunststofftank sind 15000 Liter Süsswasser, 4 Liter Geschirrspülmittel, 20 Liter Essig und 20 Kukidenttabletten geflossen. 

Zuerst wurde der Diesel von der Oberfläche abgesaugt, danach mit Fleecetüchern nochmal die oberste Schicht aufgetunkt (Diesel schwimmt ja auf dem Wasser) und danach wurde gespült. Nach dem dritten Mal Auspumpen habe ich mich in die schmale Öffnung des Tanks gezwängt  (meine täglichen Yogaübungen seien gepriesen) und mit reiner Seife die Wände des Tanks abgeschrubbt. 

Fazit: Der Tank ist sauber und das Wasser hat wieder Trinkqualität. 

Nettes Detail am Rande: Als ich meinen Kapitän aus reinem Interesse die Frage gestellt habe, was er gemacht hätte, wäre das seiner Crew passiert, erhielt ich die absolut vorhersehbare Antwort: ICH HÄTTE DICH UMGEBRACHT! (Diese Drohung nehme ich aber mit ziemlicher Gelassenheit hin, schließlich weiß ich ja, dass man Diesel nicht in den Wassertank füllt...….) 

Jetzt liegen wir in dieser schönen Marina, die zum Isla Mazatlan Golden Resort gehört und warten auf eine neue Kühlwasserpumpe und einen neuen Zahnriemen aus den USA, welche Anfang März hier eintreffen sollen. Wir haben unsere Fahrräder ausgepackt und sehen uns jetzt mal in Ruhe diese Großstadt im Bundesstaat Sinaloa an, der nicht nur wegen dem gleichnamigen Kartell berüchtigt, sondern auch für seine traumhaften Sandstrände an der Pazifikküste als begehrtes Urlaubsdomizil bekannt ist.

 

Grüner Leguan (Iguana iguana)

16. Februar 2016:

Unser Anker liegt tief eingegraben im Sand in Ensenada de Los Muertes, der Bucht des Todes, wie dieser Hafen früher genannt wurde. Jetzt hat dieses herrliche Fleckchen an der Südostspitze der Baja einen weitaus angenehmer klingenden Namen: Los Suenos - die Bucht der Träume. 

Eine kleine Delphinfamilie zieht neugierig ihre Bahnen um Cayenne, kleine Manta-Rochen springen aus dem Wasser, um dann mit einem Bauchfleck laut wieder aufzuklatschen, Pelikane hocken auf den schroffen, von der Ebbe freigelegten, Felsspitzen am Riff und holen sich ihr Frühstück aus dem reichhaltigen Unterwasser-Buffet. Die Sonne geht gerade auf und taucht den Horizont im Südwesten in wunderschöne Rosa- und Blautöne.

Wahrhaftig eine Bucht zum Träumen und die Seele baumeln zu lassen. 

Eigentlich wollten wir ja schon auf der Isla Isabel sein, stattdessen haben wir unsere Route, wetterbedingt, etwas abgeändert und sind noch immer in Richtung Süden auf der Baja unterwegs.

Zwei  Tage verweilten wir in Aqua Verde, wo uns dieses Mal bereits 10 weitere Segelschiffe beim Einlaufen erwarteten. Im vorigen Jahr teilten wir uns diese idyllische Bucht mit nur einer weiteren Amel. Nachdem wir einen ausgedehnten Wandertag eingelegt und zwei junge sympathische Journalisten, die übrigens seit Flagstaff Arizona mit ihren Bikes und Zelt unterwegs sind, auf ein sehr vitaminreiches Abendessen an Bord eingeladen hatten, ging es weiter nach Isla San Jose, die drittgrößte Insel in der Sea of Cortez. 

Eine Nacht verbrachten wir auf San Francisco, einem kleinen Inselchen mit sehr gutem Ankerplatz, wo wir unsere Australier Carola und Jim von der KOZA wieder trafen und bei einem gemütlichen Sundowner am Beach wieder einmal feststellten, dass die Welt ein Dorf ist. Wir haben gemeinsame österreichische Bekannte - die Crew der SY Second Lady. (An dieser Stelle herzliche Grüsse an Trude und Günther von den beiden!)

Auch am nächsten Tag mussten wir motoren und erreichten nach langen 28 Seemeilen endlich die Insel Espiritu Santo. Kaum fiel der Anker ins Wasser,  fing es dort aber auch schon an zu blasen. Stundenlang hatten wir Schaumkronen in der Bucht und der Windanzeiger pendelte zwischen 25 und 30 Knoten. Etwas irritiert bemerkten wir, dass dieses Windphänomen aber offensichtlich nur am Ankerplatz vorherrschte, denn die Segler weiter draußen liefen alle unter Motor vorbei. 

Die Wettervorhersage passt auch für die nächste Zeit noch nicht und es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis wir endlich die Sea of Cortez überqueren können. 

 

Eine Delphinfamilie unter Wasser

08. Februar 2016

Seit Wochen bläst er täglich mit bis zu 25 Knoten und sorgt nicht nur für volle Batterien auf der Cayenne, sondern auch für wirklich kalte Temperaturen. Aber gut, es ist schließlich auch Winter in der Baja California und so packen wir unsere warmen langen Hosen und Pullover wieder aus. Ganze drei Wochen lagen wir in der idyllischen Bucht der Bahia Concepcion und beinahe tagtäglich waren wir unterwegs. Einladungen hier und Festivals da, Wanderungen und Verabschiedungen von liebgewonnenen Freunden. Doch am Samstagabend hieß es dann doch "Anker auf - wir segeln in den Süden!“ Es war gerade windstill geworden und so motorten wir die 10 Seemeilen bis an das Nordende der Bahia Concepcion, wo wir eine angenehme Nacht in der Santo Domingo Anchorage verbringen konnten. 

Zeitig am nächsten Morgen fuhren wir dann um die Nordspitze und dann ging es wirklich in Richtung Süden. Hannes hat mir versprochen, dass wir ab jetzt den Wind immer mit uns haben werden - bis in die Südsee nur achterlichen Wind, so die eindeutige Ansage meines Kapitäns. Na, das klingt doch schon mal gut.

Wir baumen unsere Genua aus, was eine ziemliche Herausforderung war, denn der starke Nordwind bringt auch ordentlich Schwell mit sich. Cayenne führt sich auf wie eine wildgewordene Stute und wir haben wirklich beide Hände voll zu tun, die Leinen für den Spibaum auszubringen. Natürlich müssen wir das Manöver wiederholen, weil es ja so lustig ist, haben wir die Leinen falsch am Baum angebunden….

Endlich nach einer halben Stunde füllt sich die Genua und wir schießen mit über 8 Knoten in Richtung Süden. 

Schon gegen 15 Uhr erreichen wir die Caleta San Juanico, eine traumhaft schöne Bucht, die wir im vorigen Jahr schon besucht hatten. Heuer müssen wir uns leider beeilen, weil wir zu viel Zeit in Puerto Peñasco und Bahia Consepcion verbracht haben. Aus diesem Grund bleiben wir nur eine Nacht und segeln, wieder mit dem kalten Nordwind, weiter nach Süden. Unser heutiges Ziel ist der geschützte Hafen von Puerto Escondido, eines der wenigen Hurricane Holes in der Sea of Cortez. Hier gibt es endlich wieder gutes Internet und eine Wäscherei in der Marina - beides nutzen wir ausgiebig, dann wollen wir noch in die Stadt Loretta zum Einkaufen und mit dem nächsten passenden Wind werden wir entweder von hier oder von Aqua Verde aus den Golf von Kalifornien in West - Ostrichtung überqueren.

 

Caleta de San Juanico

24. Jänner 2016

Abrupt wird die Idylle gestört. Die beiden Kanadier vom benachbarten Segelboot verfolgen mit aufheulendem Motor in ihrem Schlauchboot die kleine Schule Delphine, die eben noch sorglos und zu unserer größten Freude ihre Bahnen um Cayenne gezogen haben. Bald haben die beiden, mir jetzt auf einmal äußerst unsympathischen, Ankernachbarn ihr Interesse verloren, aber die anmutigen Säugetiere leider auch ...

Cayenne liegt in der wohl längsten und bestgeschützten Bucht an der Ostseite der Baja California. Keine 5 km breit, dafür aber über 30 km lang ist die Bahia Concepcion und bietet eine äußerst reizvolle Küstenlandschaft. Das Wasser im Ankerfeld ist smaragdgrün und wird, je weiter man sich dem Ufer nähert, heller, bis es türkis und schlussendlich beinahe durchsichtig an den weißen Sandstrand schwappt. 

Hier in Posada erwarteten uns Franz und Greet bereits mit einer eisgekühlten Flasche Sekt und einer sehr warmen Umarmung. Wie schon im Vorjahr verbringen wir auch jetzt wieder wunderschöne Tage in diesem paradiesischen Fleckchen von Mexiko. Unser „Einstein“,  wie wir Franz nicht nur wegen seiner optischen Ähnlichkeit zum Genie des 20. Jahrhunderts nennen, ist wieder einmal äußerst bemüht für Ausgewogenheit zwischen Körper und Geist zu sorgen. Er schleppt uns auf die kargen, relativ steilen Anhöhen dieser hügeligen Landschaft, um uns die schönsten Aussichten zu bieten, nimmt uns mit ins Restaurant Estrella del Mar zum wöchentlichen Kinoabend und zeigt uns das älteste Gefängnis des Staates in Mulege, in dem es  überraschenderweise neben einem abgestürzten Satelliten auch eine recht interessante Bilderausstellung eines lokalen Künstlers zu sehen gibt. Franz ist Österreicher, ein regelrechter Feinspitz und liebt gutes Essen. Folgedessen kehren wir zwischendurch auch immer wieder irgendwo ein und lernen kulinarische Köstlichkeiten der Baja kennen.  Ob Tamales oder Empanadas, Birria oder Quesadillas, gewöhnliche Eier, Oliven oder Ziegenkäse - der Franz weiß, wer die Besten macht oder wo das Beste zu bekommen ist. 

In der nächsten Bucht, in Escondida, gibt es einen Campingplatz, der so pittoresk ist, dass es schon fast wieder kitschig ist. In diversen Reisemagazinen werden eben solche Bilderbuchstrände abgelichtet, um für irgendeine exotische Landschaft Werbung machen. Genau dort  haben sich Wolfgang und Anni mit ihrem Wohnmobil niedergelassen. Die beiden sympathischen Gmundner sind seit beinahe 17 Jahren mit ihrem blauen Mercedes Sprinter in der Weltgeschichte unterwegs. Der „Palmedes“ wie sie ihr Action Mobil liebevoll nennen, steht neben einer „Palapa". Das entzückende, aus Palmblättern gedeckte und nach vorne offene, Holzhüttchen dient als zusätzliches Wohnzimmer und ist mit 85 Pesos pro Tag im Campingpreis inkludiert. 

Das reiselustige Pärchen hat, so glaub ich, schon alle Kontinente dieser Welt bereist und verbringt jetzt die Winter in Nordamerika und die Sommermonate zu Hause am schönen Attersee. 

Was die beiden alles mit ihrem „Palmedes"bereist und erlebt haben, würde die Kapazität unseres Logbuches sprengen, interessierte Leser haben aber die Möglichkeit sich die informativen und lustigen Reiseerzählungen von Wolfgang Zellinger „Aus Neugier ziehen wir um die Welt“ in Buchform besorgen. 

(Am besten beim Autor selbst unter: awzellinger@yahoo.de)

 

Franz fordert meinen Kapitän: Segelfreuden in der Bahia Concepcion

08. Jänner 2016

Nachdem wir dieses Hafenstädtchen schon vom Vorjahr so gut kennen, verspürten wir nicht die geringsten Entdeckungsgelüste. So verbrachten wir die letzten Tage hier in der Marina Fonatur, um einige Arbeiten zu erledigen, die auf unserer „to do“ Liste standen. Hannes hat sich tagelang um den Außenbordmotor gekümmert und als er endlich alle korrodierten Schrauben lösen konnte und ins Innenleben unseres Tohatsu vordrang, war die Ursache schnell festgestellt. Der Impeller hatte sich fast komplett aufgelöst! Gut, also das darf er nach fast 7  Jahren im Dauereinsatz aber auch wirklich! Blöd ist nur, dass wir hier auf der Baja California wohl sehr schwer ein Ersatzteil auftreiben werden und das widerum bedeutet, dass  die nächsten Landgänge, zumindest bei einem von uns beiden, Bizeps, Trizeps und Co. ziemlich fordern werden. 

Mastarbeiten gehören in mein Repertoire und so hat mich Hannes auf den 18,5m hohen Mast  gewinscht, damit ich einen neuen Windanzeiger montieren konnte. Der alte wurde nämlich von einem Pelikan attackiert und komplett zerstört. 

Wir haben natürlich auch etliche Male den hiesigen Eissalon und die exzellente Bäckerei (seit 1901)  aufgesucht und ein paar nette Segler kennengelernt. Interessanterweise ist es sehr ruhig in der Marina. Sehr wenig Boote sind hier und Elias, der Marinearbeiter, erzählt uns, dass auch in den letzten Monaten sehr wenig Gäste hier waren. 

Morgen verlassen auch wir Santa Rosalia mit Kurs Punta Chivato, wo wir von ein paar Bekannten erwartet werden, die wir voriges Jahr dort kennen gelernt hatten. 

 

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen. 

08.Jänner 2016

12 Tage waren wir jetzt unterwegs - nur wir beide und unsere zuverlässige Cayenne! 12 Tage ohne Internet- und ohne Telefonverbindung, ohne Nachrichten zu hören oder Weihnachts- und Neujahrswünsche austauschen zu können, abgesehen natürlich von der Korrespondenz, die wir via SSB mit den Amateurfunkern halten können - unserer einzige Verbindung zur Außenwelt.  

Poseidon war uns gnädig und unser erster Schlag, 107 Seemeilen kerzengrad nach Süden,  war sehr ruhig und angenehm. Als wir um 7 Uhr morgens  die geschützte Bucht von Puerto Refugio  erreichten, ging gerade die Sonne auf und tauchte die Inseln und den Horizont in leuchtendes Morgenrot - bienvenido auf der Isla Angel de la Guarda!

Relativ bald haben sich unser Körper und unser Geist dann wieder auf diesen „Segelmodus“ eingestellt. Wir verbringen den halben Vormittag im Bett, schmökern in Zeitschriften und haben wieder Muße Bücher zu lesen. Gegen Mittag gibts einen ausgedehnten Brunch und dann verbringt mein Kapitän etliche Stunden am Navigationstisch, während ich mich in der Pantry austobe. Wir sind dankbar für diese sorgenfreien Tage und wir schätzen uns sehr glücklich, dass wir die Weihnachtszeit so harmonisch in Ruhe und Frieden verbringen können. 

Wir denken an unsere Familie, an unsere Freunde zu Hause und auf der ganzen weiten Welt. Stundenlang sehen wir uns alte Fotos an, wir lachen und scherzen und wir gedenken unserer Lieben, die nicht mehr hier bei uns sind und die uns alle sehr fehlen.

Gestern hatten wir dann nochmal einen langen Tag - 86 Seemeilen galt es zu bewältigen. Wir verließen unseren Ankerplatz in Salsipuedes bereits um 6 Uhr morgens und der Wind kam stets aus nördlicher Richtung und kreierte mit seinen 5-6 Beaufort eine äußerst unangenehme Welle. Es war bereits stockfinster, als wir gegen 8 Uhr abends unseren Ankerplatz suchten. Google Earth Karten, AIS, Radar, IPad, GPS - alle Navigationsgeräte waren eingeschaltet und wir beide in höchster Alarmbereitschaft.  Es ist wirklich nicht lustig unter solchen Bedingungen in einem unbekannten Revier mit 25 Knoten Wind und 3er Welle zu segeln, noch dazu in einem Gebiet, wo man den Seekarten absolut nicht trauen kann, Segelhandbücher Fehler ohne Ende aufweisen und Hurrikane alle paar Jahre Sandbänke verschieben, wie Schachspieler ihre Figuren.  


Es ist allesgut gegangen und seit heute befinden wir uns wieder in der Zivilisation. Wir liegen in der Marina in Santa Rosalia in der Baja CaliforniaSur und werden voraussichtlich eine Woche hier bleiben. Es gibt wieder Internetund Telefon, Restaurants, Eisdielen und liebe Menschen, die wir schon vom Vorjahr kennen.